Starnberg, 14.11.2023 (lifePR) – Vor der Pandemie sind schon viele davon ausgegangen, dass uns ein Niedrigzinsumfeld bis weit über 2020 begleiten wird. Doch dann folgte Krise auf Krise und die Inflation nahm eine überraschende Wende. Einige Staaten konnten sich dennoch das vergangene Niedrigzinsumfeld besser zu Nutze machen als andere. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars mehr über die ungleich verteilte Weitsichtigkeit der Eurozonenländer, wenn es um die Sicherung niedriger Zinsen geht.
Welches Land nutzte die Niedrigzinsphase?
Vor 2020 bewegten sich die langfristigen Zinsen in einer jahrzehntelangen Abwärtsspirale (Abbildung 1). Diese ist auch auf ein sich über die Zeit abschwächendes Wirtschaftswachstum und auf einen ständig steigenden Verschuldungsgrad zurückzuführen. Gerade fortgeschrittene Länder wachsen über die Zeit langsamer als Entwicklungsländer. Auch wenn die Rendite auf Bundesanleihen zeitweise unter Null Prozent lag, scheint der natürliche Tiefpunkt bei rund 0 Prozent zu liegen. Damit hatten einige Staaten die Möglichkeit sich zu historisch niedrigen Zinsen zu finanzieren und das über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte.
Eines dieser Länder ist Österreich, welches 2016 mit der Emission einer 70-jährigen Anleihe und 2017 und 2020 jeweils mit einer 100-jährigen Anleihe für Aufsehen gesorgt hatte. Diese liegt inzwischen bei einem Wert von 68 Prozent unter Pari, was angesichts des derzeitigen Zinsumfeldes für die Weitsicht des österreichischen Haushaltes spricht. Es verwundert also nicht, dass Österreichs Staatsanleihen in durchschnittlich 12,3 Jahren fällig werden und damit den höchsten Wert innerhalb der ganzen Eurozone aufweisen (Vgl. Abbildung 2). Damit ist Österreich weniger darauf angewiesen sich frisches Geld zu teuren Konditionen am Kapitalmarkt zu besorgen. Neben Österreich konnten sich noch Irland und Belgien langfristig finanzieren und mindern damit das Risiko hoher Zinskosten in naher Zukunft.
Wer das Niedrigzinsumfeld nicht für sich nutzen konnte, sind unter anderem Deutschland und Italien. In beiden Ländern laufen die Staatsanleihen durchschnittlich in rund 7 Jahren aus. Noch zahlt Deutschland einen niedrigen durchschnittlich Kupon, doch das kann sich schnell ändern, sollte der deutsche Staatshaushalt auf frisches Geld angewiesen sein. Das gleiche gilt für Italien. Hier ist die Lage jedoch noch etwas problematischer, da Italien sich immer wieder mit hohen Risikoprämien auseinandergesetzt sieht. Ein Prozentpunkt mehr Zinsen entspricht bei einer derzeitigen Verschuldung von 2,4 Billionen Euro eine jährliche Mehrbelastung von 24 Milliarden Euro. Kurzsichtigkeit kann also richtig teuer werden.
Vor 2020 war die Zinswende nahezu unmöglich zu prognostizieren. Die Pandemie und der Ukrainekrieg sind beides exogene Faktoren, die nicht durch wirtschaftliche Entwicklungen erklärt oder vorhergesagt hätten werden können. Trotzdem bewiesen einige Länder eine gewisse Weitsicht und sicherten nahezu perfekte Finanzierungsbedingungen. Die Zinswende hat deutlich aufgezeigt, wie wichtig es ist sich zu gegebenem Zeitpunkt günstige Zinsen zu sichern.