Politik wird für Unternehmen zunehmend zum Risiko

Heilbronn, 15.02.2024 (PresseBox) – Trotz vereinzelter Lichtblicke ist die regionale Wirtschaft schwach und ohne große Erwartungen ins neue Jahr gestartet. Von einer Erholung im 4. Quartal 2023 keine Spur. Besonders dramatisch ist die Geschäftslage im Baugewerbe und im Einzelhandel. Das geht aus dem jüngsten Konjunkturbericht der IHK Heilbronn-Franken hervor.

„Von einer Aufholjagd war unsere Wirtschaft zum Jahresende weit entfernt. Im Gegenteil: Zum dritten Mal in Folge beurteilen die Unternehmen per saldo ihre Geschäftslage schlechter als im Vorquartal. Auffallend ist: Die Betriebe fühlen sich zunehmend von der Politik ausgebremst“, fasst Elke Döring, Hauptgeschäftsführerin der IHK Heilbronn-Franken, die Ergebnisse der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage für die Region Heilbronn-Franken zusammen.

Seit Herbst 2020 haben die Unternehmerinnen und Unternehmer ihre aktuelle Geschäftslage nicht mehr so negativ bewertet wie Ende 2023. Nur noch bei einem Viertel der Betriebe laufen laut IHK-Umfrage die Geschäfte gut (Vorquartal 29 Prozent). 17 statt 15 Prozent sind mit dem Geschäftsverlauf unzufrieden, 58 Prozent sprechen von einer zufriedenstellenden Geschäftsentwicklung. Auch bei den Geschäftserwartungen ist ein Stimmungsumschwung ausgeblieben. 56 Prozent der Unternehmen glauben nicht, dass sich an ihrer Wirtschaftslage absehbar etwas ändern wird, 29 Prozent (Vorquartal 32 Prozent) gehen von einer Verschlechterung aus, und nur 16 Prozent (Vorquartal 13 Prozent) blicken optimistisch in die Zukunft.

Als Ursachen des Stimmungstiefs machen die Unternehmen zunehmend auch die Wirtschaftspolitik verantwortlich. Mehr als jeder dritte Betrieb (34 Prozent) gibt die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Geschäftsrisiko an. „Das zeigt, wie tief der Frust in den Unternehmen sitzt und dass dringend etwas geschehen muss, damit die Unternehmen wieder investieren und Vertrauen in den Standort Deutschland zurückgewinnen“, so Elke Döring.

Industrie hält sich mit Investitionen zurück

Beispiel Industrie: Die Investitionsneigung ist bei einem maßgeblichen Wirtschaftszweig nach wie vor zurückhaltend, wenn auch leicht gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Mehr als ein Drittel der Industriebetriebe (35 Prozent) will Inlandsausgaben zurückfahren. Nicht mal ein Viertel plant Investitionen am Standort (Vorquartal 14 Prozent). Trotz leicht verbesserter Auftragseingänge wird die Geschäftslage in den Industriebetrieben zum vierten Mal in Folge schlechter eingeschätzt. 26 Prozent (Vorquartal 29 Prozent) sind mit dem Geschäftsverlauf zufrieden, 21 Prozent (16 Prozent) sind es nicht.

Einbußen bei 82 Prozent im Wohnungsbau

„Das Baugewerbe befindet sich in einer besorgniserregenden Abwärtsspirale“, sagt die IHK-Hauptgeschäftsführerin. Die Lage am Bau ist so schlecht wie seit 2006 nicht mehr. Hier schlagen laut Elke Döring die hohen Zinsen, explodierende Baukosten und überbordende Bauvorschriften durch. So sind nur noch 19 Prozent der Bauunternehmen mit ihrer Geschäftslage zufrieden (Vorquartal 21 Prozent). Deutlich mehr als im Vorquartal (27 zu 18 Prozent) bezeichnen ihre wirtschaftliche Lage als schlecht. Wie dramatisch die Situation ist, zeigt der Blick auf die Auftragslage. Mehr als die Hälfte der Unternehmen beklagt Auftragseinbußen, im Wohnungsbau sind es sogar 82 Prozent. Elke Döring: „Die Branche setzt jetzt auf Zinssenkungen.“ Eine Erwartung, die die Zahl der Pessimisten, die auch 2024 einen schlechteren Geschäftsverlauf erwarten, von 51 auf 42 Prozent sinken lässt.

Keine Trendwende im Weihnachtsgeschäft

Im Handel ergibt sich ein differenziertes Bild. Während bei den Großhandelsbetrieben die positiven Rückmeldungen wieder leicht überwiegen, konnte das Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel keine Trendwende herbeiführen. Bei schwachem Bestellvolumen ist rund ein Fünftel der Großhändler zufrieden mit der Geschäftsentwicklung (Vorquartal 4 Prozent), 15 Prozent (Vorquartal 26 Prozent) sind es nicht.

Ganz anders die Situation im Einzelhandel. „Die Kunden halten ihr Geld zusammen. Abgesehen von der hohen Inflation wissen die Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der Streitigkeiten in der Ampelregierung nicht, was auf sie zukommt“, betont Elke Döring. Das hat Folgen: Keiner der befragten Einzelhandelsunternehmen beobachtet eine kauffreudige Kundschaft. Dagegen sprechen rund drei Viertel der Betriebe von zurückhaltendem Konsumverhalten (Vorquartal 63 Prozent). Entsprechend sackt die Zahl der zufriedenen Händlerinnen und Händler von 40 auf 22 Prozent zum Jahresende ab. Besonders negativ fällt die Lageeinschätzung im Bekleidungs- sowie im Möbelhandel aus. Inflationsrückgang und höhere Löhne könnten im laufenden Jahr die Kauflaune wieder etwas anheben, dennoch bleiben 28 Prozent der Händler skeptisch und blicken eher pessimistisch in die Zukunft.

Trübe Aussichten in Gastronomie

Auch im Dienstleistungsgewerbe trübt sich die Stimmung zum wiederholten Male ein, während sich die Erwartungen auf niedrigem Niveau leicht verbessert haben. Zum Jahreswechsel melden nur noch 27 Prozent (Vorquartal 36 Prozent) eine gute Geschäftslage, 14 Prozent (Vorquartal 12 Prozent) sind unzufrieden. Besonders schwach laufen die Geschäfte im Bereich Arbeitsvermittlung, während ITK-Dienstleister, Reisebüros und Berater bessere Zahlen schreiben.

Das Hotel- und Gaststättengewerbe kämpft nach wie vor mit hohen Energie- und Arbeitskosten sowie einem eklatanten Fachkräftemangel. Die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer in diesem Jahr kommt hinzu und lässt 45 Prozent der Unternehmen pessimistisch in die Zukunft blicken, nur 19 Prozent bleiben optimistisch. Von einer aktuell guten Geschäftslage berichten nur noch 31 Prozent, 15 Prozentpunkte weniger als im Vorquartal.

Info: An der IHK-Konjunkturumfrage für das vierte Quartal 2023 beteiligten sich insgesamt 403 Betriebe aus allen Branchen und Größenklassen mit insgesamt rund 95.600 Beschäftigten aus dem gesamten IHK-Bezirk.

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