Starnberg, 14.05.2024 (lifePR) – Auch wenn sich die Inflation noch immer hartnäckig hält, hofft die Mehrheit der Marktteilnehmer auf eine baldige Zinswende. Im besten Fall noch in diesem Jahr. Ein Faktor, der dennoch bisher kaum in den Diskussionen betrachtet wird, ist der Klimawandel. Mit der derzeitigen Geschwindigkeit des Klimawandels werden die damit in Zusammenhang stehenden Inflationsrisiken immer sichtbarer und bleiben kein hypothetisches Szenario, welches weit in der Zukunft liegt. Inzwischen hat sich sogar der Begriff „Climateflation“ durchgesetzt, um die Inflationssteigerung als direkte Folge des Klimawandels zu umschreiben. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars mehr über die Hintergründe von „Climateflation“ und welche Rolle die Europäische Zentralbank (EZB) dabei einnimmt.
Climateflation: Inflationstreiber
Es überrascht etwas, dass der Klimawandel im öffentlichen Diskurs nur selten in Zusammenhang mit der Inflation gebracht wird. Dabei sind die Risiken enorm und bereits sichtbar für Jedermann. Häufiger auftretende extreme Wetterbedingungen wie Dürren oder Überschwemmungen führen schon heute zu Ernteausfällen und lassen die Lebensmittelpreise in die Höhe schießen. Aber der Klimawandel hört offensichtlich nicht bei Lebensmitteln auf, sondern zieht sich über alle Produkt- und Dienstleistungsklassen. Ganze Lieferketten sind der Gefahr ausgesetzt gestört oder gar ganz ausgesetzt zu werden. Angebotsschocks könnten die Regel werden und immer mehr Menschen näher oder an die Armutsgrenze bringen.
Um die Folgen des Klimawandels auf die Preisentwicklung besser zu verstehen, analysierten Forscher der EZB und des Potsdam-Instituts für Klimaforschung mehr als 27.000 Beobachtungen monatlicher Verbraucherindizes aus der ganzen Welt. Die Untersuchung ergab, dass die weltweite durchschnittliche Inflation jährlich um 0,3 bis 1,2 Prozentpunkte bis 2035 ansteigen könnte. Bei den Lebensmittelpreisen liegt derselbe Korridor sogar bei 0,9 bis 3,2 Prozentpunkte. Der Effekt des Klimawandels auf die Preisentwicklung ist am stärksten in südlichen Regionen der Erde, während nördlichere Regionen besonders im Sommer unter Inflationsdruck leiden könnten. Ebenso fanden die Forscher heraus, dass der Rekordsommer im Jahr 2022 die Inflation für Lebensmittel um 0,4 bis 0,9 Prozentpunkte anstiegen ließ.
Dass der Klimawandel auf allen Ebenen bekämpft und gelöst werden muss, ist hoffentlich allen klar. Doch was genau kann die EZB tun? Schließlich richtet sich die gesamte Geldpolitik nach der Inflationsentwicklung bzw. Preisstabilität. In einer Rede bekräftigte Isabel Schnabel, Mitglied des EZB-Direktoriums, dass die Notenbank insbesondere den Staat bzw. die Fiskalpolitik in der Verantwortung sieht, um über öffentliche Investitionen die „grüne Transformation“ voranzutreiben. Ferner hat auch die EZB damit begonnen die Wichtigkeit der Inflationsrisiken durch den Klimawandels verstanden und setzte 2022 eine breitere Strategie auf, deren Status und Verlauf kürzlich aktualisiert wurde. Bisher sind jedoch keine konkreten Änderungen des Instrumentenkastens erkennbar, auch wenn verschiedene Ansätze, wie etwa die Anhebung des Inflationsziels bereits diskutiert wurden.
Angesichts der enormen Inflationsrisiken sollte die EZB die Herausforderung wesentlich aggressiver und mutiger angehen. Die Notenbank hat machtvolle Hebel gegenüber der Finanzwelt, aber auch gegenüber den Staaten im Rahmen von Anleihekaufprogrammen. Es gilt nicht nur adäquat auf Preisschocks zu reagieren, sondern auch diese zu vermeiden. Die EZB kann eine Schlüsselrolle in der unbedingt notwendigen Transformation spielen, um die Climateflation in Schach zu halten.